Entdeckung der Spätlese

 

Wie aus einer scheinbaren Katastrophe eine Epochemachende Entdeckung werden kann, zeigt die Geschichte vom Johannisberger Spätlesereiter. Ein im Wirtschaftshof des Schlosses aufgestelltes Denkmal erinnert noch heute an dieses denkwürdige Ereignis.

Im Gegensatz zu den übrigen Rheingauer Weingütern, denen die Zeit der Traubenlese von den Gemeinden vorgeschrieben wurde, brauchte der Kellermeister des Johannisberg einst eine spezielle Erlaubnis vom Fürstbischof von Fulda, dem damaligen Eigentümer des Schlosses.

Der Kurier, der alljährlich beim Fürstabt in Fulda die Leseerlaubnis einholen mußte, kehrte im Herbst 1775 mit größerer Verspätung nach Johannisberg zurück.

Es gibt verschiedene Versionen, warum sich die Rückkehr des reitenden Boten um 14 Tage verzögerte. Die eine Version besagt, der Fürstbischof sei auf der Jagd und deshalb nicht erreichbar gewesen. Die andere lautet, der Kurier sei unter die Räuber gefallen und festgehalten worden. Kurzum: Die Mönche auf dem Johannisberg warteten Tag um Tag mit dem Beginn der Lese und mussten zusehen, wie die Trauben an den Weinstöcken immer mehr von Fäulnis befallen wurden und schrumpften. Als der Reiter endlich mit der fürstbischöflichen Leseerlaubnis eintraf, schien die Ernte vernichtet. 

Die Trauben waren schon geschrumpft und zum Teil in Fäulnis übergegangen. Nach einigem Zögern wurde die Lese trotzdem noch durchgeführt, und zum großen Erstaunen des Kellermeisters wurde daraus ein Wein von außergewöhnlich guter Qualität.

Um so mehr staunten die Kellermeister, als sie den Wein in den darauf folgenden Jahren verkosteten. "Ächte Kenner" bekundeten zu jener Zeit: "Solchen Wein habe ich noch nicht in den Mund gebracht." 

Der Wein aus den faulen Trauben übertraf an Güte alles vorangegangene.

 

 
Denkmal aus dem Jahr 1960

 Die Edelfäule, die es dem Rheingau möglich macht, in bestimmten Jahren Weine von außerordentlicher Qualität bis hin zu Beeren- und Trockenbeerenauslesen zu erzeugen, war entdeckt. Den Kellermeistern auf dem Johannisberg kommt der Verdienst zu, diesen Zufall erkannt und zur Steigerung der Qualität ihrer Weine genutzt zu haben.

Josef Staab, langjähriger Schloßweingutsverwalter und sein Vorgänger Christian Labonte haben die Geschichte vom Spätlesekurier durch Quellenangaben überprüfbar gemacht. 

Staab publizierte unter anderem die Akten des Mainzischen Hofkammersekretärs Degenhardt aus den Jahren 1786 bis 1788, worin dieser sich zu einer Qualitätssteigerung durch einen späteren Lesetermin folgendermaßen äußert: "Bis hierher hienge alle Jahre die WeinIeße meistens vom Geschreie des gemeinen Volkes ab, und noch herrscht das alte Vorurtheil, daß wenn der Gallustag (16. Oktober) einfällt, die Laße müsse vorgenommen werden, dagegen die Laße in dem Fürstlich Fuldischen Weinberge auf dem Johannisberg alle Jahre so lang hinausgeschoben wird, bis alle Trauben im ganzen Lande in die Keller schon eingekältert sind. Ein Ohngefähr wie bekannt hat denen Fulder Johannisberger diesen Vortheil entdeckt, wodurch sie einen wahren Auszug von Wein erhalten, und nun haben sie vor allezeit das spatläßen zum Gesetze gemacht. Dieß Beispiel nachzuahmen ist ganz unmöglich, solange noch gemeine Weine im Lande erzogen werden, die freilich das spatläßen nicht aushalten könnten, und selbst war ich oft Zeuge, daß der K. Beamte zu Rüdesheim von dem gemeinen Volke wahre Grobheiten und Ungezogenheiten mit Stillschweigen anhören mußte, wenn er sich nicht noch größeren Ausgelassenheiten aussetzen wollte, als er damals zum Wohl der Güterbesitzer und des allgemeinen die Laße im Berge so lange als möglich hinausschobe. Das allgemeine Volk will nur viel, und siehet das Vortheilhafte nicht ein ...".

 

   

  Weil der Kurier des Fürstabts von Fulda zu spät mit der erforderlichen Leseerlaubnis eintraf, wurde 1775 auf dem Johannisberg die Spätlese entdeckt...

 

Die Entdeckung der Spätlese
Anekdote von Willy Kloos
Die Mönche von Johannisberg das waren Gottesstreiter und waren unter anderem, der Spätles´ Wegbereiter

Der Abt von Fulda war sehr weit, den mussten sie stets fragen ob er´s erlaubt und auch bereit die Ernte heimzutragen.

Anno 1775, es war kein Jahr zum loben, ritt ein Kurie nach Fulda hin, mit einer Traubenprobe.

Da kamen Räuber, wie fatal, die raubten diesen Reiter aus, der landet im Spital.

Verzweifelt warten unterdessen die Mönche auf den Reitersmann der erst nach Wochen wohlgenesen mit dem Befehl zum Lese kam.

Die Patres schauten traurig drein, denn faul war´n alle Trauben.

Das gibt im Leben nie ein Wein so war der Mönche Glauben.

Der Kellermeister, ganz betreten, die erste Probe hat gemacht.

O´ Brüder laßt zu Gott uns beten ein Wunder, seht, hat er vollbracht.

Den schaut, ganz klar steht er im Glase, so wie heller Sonnenschein, die Blume steiget in die Nase, noch niemals trank ich solchen Wein.

Und allen Kennern, die ihn probten, hat wunderbar der Wein geschmeckt, und alle nur den Zufall lobten durch den die Spätles´ ward entdeckt.

Drum Freunde, trinkt ihr edlen Wein so soll er Euch auch munden, gedenkt der Mönche dort am Rhein durch die die Spätles´ einst gefunden.

Gedicht

Die Entdeckung der Spätlese Gedicht von Hedwig Witte

 

Die Mönche von Johannisberg die taten froh ihr Winzerwerk und pflegten ihre Rebe, bis sich vor üwwer hunnert Jahr als es just Zeit zum Lese war ein Wunder hat begebe.   Laut Regel mußt' ein Reitersmann beim Fürstabt Fulda fragen an, ob er es tät erlauben,  daß fern im Rheingau der Konvent  der Mönche zeitig lesen könnt  die ersten reifen Trauben.
"Los Maddin, dummel Dich -'s is Zeit,  daß ein Kurier nach Fulda reit'  die Zeit drängt -'s is kei Späßie!  Der Prior seets - mit Seechenssprüch,  komm, alleh Maddin dummel Dich  un hock Dich uff Dei Rößje!

Reit schee besonne Tritt vor Tritt,  guck nach de schlechte Welbsleit nit,  die gern mit ihrn Maniere,  so junge Reitersleut wie Dich  mit allerlei Verführungsschlich  zum Uffenthalt verführe!   Bet aach emol geleechentlich,  jetz mach Dich perr! Gott seechen Dich!"
Vier Woche ginge schon ins Land,  die Mönch warn außer Rand un Band ...  kaan Reiter war zu sehe.   Doch - ohne diesen Brief von Fuld  mußt mer sich fasse in Geduld,  durft in de Herbst nit gehe.   Die Mönche raste her un hie,  un manche lage uff de Knie.  Zum liewe Herrgott flehte sie:  "Mach, daß die Ernt'- Del best Geschenk  krieht nit durch Buwestreich die Kränk!
Die Traube faule uff dem Rapp  un falle aach am End noch ab,  die Brüh' am End leeft uff die Erd,  der ganze Wein is nix mehr wert ...   Un, wie se noch so lamendiern  hört mer en Gäilche gallobbiern,  un - es kimmt mit sei'm Babier  endlich widder der Kurier.
I'Nix wie naus mit Scher'n un Butte."  Aj - wie fliehn do Röck un Kutte  Kaaner dacht an Stroof un Kram!  "Nix wie naus! Den Herbst holt haam!"
Is wird der konzentrierte Saft  hordich in die Faß geschafft.  Dorchgegorn un abgestoche  un, wie sich's gehört nach Woche  von dem Mönchskonvent geprobt:  Uj - was hat mer den gelobt!"

"So en Wein" so seet der Abt , "hawwe mer noch nie gehabt."  "Was en Wein!" der Prior seet  und die Aache er verdreht.

Korz un gut! 's ward offebar  un bald jedem Weinfreund klar ...  Mißgeschick ward hier zum Glück,  daß der Reiter spät zurück ...
Es sprach der Abt: "Was uns geschenkt- nicht Zufall war's - Gott hat's gelenkt.  Wir wollen's weitergeben.  So kommt's, daß heut noch seit der Zeit  die Spätlese als Kostbarkeit  des Kenners Herz und Zung' erfreut,  verschönt uns unser Leben.
 

 

 

 

Das Comic und das Musikarl

 

Das Comic mit dem alles begann...

Die Geschichte des Spätlesereiters aus Johannisberg wurde vor einigen Jahren als Comic veröffentlicht.

Die Macher des Comics "Karl" haben das Stück nun auch als Musical produziert. 

Erste Aufführung im Jahr 2000 in Eltville. 

2001 Aufführungen im Okt./Nov. im Metternich Saal von Schloss Johannisberg.

 

 

 

© Rudolf Edinger - Förderkreis Weindorf Johannisberg e.V.