Johannisberger Chronik

Tabellarische Kurzfassung

Zu dieser Chronik:    

Das so lebensvolle Miteinander von Kloster und Dorf in Johannisberg - ab 1803 auch mit dem Schloss- unter dem Geist und naturverbundenen Zeichen des Weines hat Prof. Dr. Wolf Heino Struck in seiner 1977erschienenen KLOSTER-, DORF-, SCHLOSS- und WEINCHRONIK zusammengefasst.

Insbesondere aus dieser Chronik, aber auch aus den örtlichen Archiven und sonstigen Schriften über den Rheingau, wurden die wichtigsten Daten, Zusammenhänge und Geschehnisse herausgearbeitet und gelegentlich durch Geschichtliches Wissen Johannisberger Mitbürger ergänzt.

     
JOHANNISBERGER Chronik
     
Die Siedlungsfläche des heutigen Ortes Johannisberg wurde nachweislich bereits frühzeitlich u.a. von Kelten, Römern und Franken besiedelt. Diese Chronik will jedoch ausschließlich die bekannten Daten seit Gründung des Benediktiner Klosters (zwischen 1105 und 1108) auf dem Johannisberg aufzeigen.
     
Die Gemeinde Johannisberg trat mit ihrem Ortskern als grundherrschaftliche Siedlung des Benediktinerklosters in die Geschichte ein. Innerhalb der kirchlichen Gliederung trennte sich der Ort bereits im 11. Jahrhundert von der einstigen "Urmark" Oestrich.
     

Noch heute ist zu erkennen, dass die Gemeinde zunächst aus zwei Siedlungen bestand. 

Die kommunale Entwicklung ging von der Siedlung auf dem Berg aus, wie auch der Straßennamen "Flecken" erkennen lässt.

Der älteste Teil des Dorfes auf dem Berg ist vermutlich die Straßenkreuzung beim Rathaus, wo sich die "obere Brunnengasse" und die "Schulstraße" als eine Achse mit der von Süden nach Norden ziehenden Straße "Im Flecken" trifft. Dies ist die alte Hauptstraße.

     

Die Historischen Verhältnisse lassen sich deutlich aus dem Zinsverzeichnis des Klosters von 1502 erschließen.

Die Abtei bezog aus Johannisberg Zins von 21 Häusern im Grund und 41 Häusern auf dem Berg. Sämtliche Häuser standen dort wahrscheinlich auf Klostergrund. 

Die erste überlieferte Urkunde über das Verhältnis von Gemeinde und Kloster zeigt im Gegensatz zum Weistum die Gemeinde schon gleichberechtigt:

Am 2. November 1431 bekundeten die im Dorf zu ST. JOHANNISBERG gesessenen Nachbarn, dass sie einmütig zu Nutz und Besserung des Dorfes, zusammen mit Abt  und Konvent des Klosters , auf beiderseitig halbe Kosten eine Wasserleitung von dem "sauren Born" und "Eisengraben" bis an das Dorf und Kloster geführt haben. Sie wollen das Wasser beiderseits zu ewigen Zeiten in gleicher Weise brauchen. Das Wasser soll an der Abscheidung so geteilt werden, dass es je zur Hälfte in das Dorf und in das Kloster geht.
     

Hätten die Rheingauer im Bauernkrieg von 1505 ihre Forderungen durchgesetzt , so wäre das Kloster Johannisberg wie alle anderen geistlichen Institute des Landes nicht nur um seine Freiheiten und grundherrlichen Rechte, sondern letztlich auch um seine Existenz gebracht worden. Die aufständischen Bauern mussten aber schließlich aufgeben. 

In Folge des Bauernkrieges finden sich weitere Angaben über die Zahl von Häusern, ebenso wie für die übrigen Rheingau-Gemeinden im Jahre 1525, als die Strafgelder für die Beteiligung am Bauernkrieg auf die Gemeinden umgelegt wurden.

Johannisberg und Grund wiesen damals 118 Häuser auf. Es war also bereits ein stattliches Dorf.

     

Im Jahre 1559 wurde der Flecken von einer Feuersbrunst heimgesucht.

     
1563 wurde das Benediktiner Kloster auf dem Johannisberg aufgelöst.
     
1608 - so belegt eine Notiz aus einem Ratsprotokoll von 1617 - wurde hier erstmals eine Schule in der "Scheuer" des Pfarrhauses betrieben.
     
Älteste bisher bekannte Ansicht von Johannisberg von 1630
 
Am 24. Juni 1716 kaufte die Fürstabtei Fulda "mit schweren Geldes Kösten" das verfallene und 1563 aufgelöste Benediktiner-Kloster Johannisberg.
     
Der Fuldaer Fürstabt Konstantin von Butlar läst in den Jahren 1718-1725 das heutige prächtige Schloß auf dem Johannisberg erbauen.
     
Nach der Säkularisation 1803 hatte das Schloss auf dem Johannisberg verschiedene Besitzer, bis Kaiser Franz von Österreich am 1. Juli 1816 diesen Besitz seinem Haus- Hof- und Staatskanzler Clemens Wenzel Lothar Fürst von Metternich-Winneburg-Beilstein für seine besonderen Verdienste um die Leitung des Kongresses in Wien schenkte. 
     
Der Friedhof nördlich der Kirche wurde 1807 auf Wunsch des Herzogs von Valmy - einer der Vorbesitzer des Schlosses zwischen 1803 und 1816 - aufgegeben und am 8. Dezember 1807 ein neuer Friedhof beim Flecken eingeweiht. Wenig später, in den 20er Jahren, erhielt der Friedhof zunächst einen anderen Platz hinter der Wohnung des Wirtes Martin Klein, gleich vorn am Weg nach Stephanshausen. Er wurde aber ganz bald vor das von Metternich'sche Hofhaus verlegt, beides auf Veranlassung des Pfarrers. Der jetzige Friedhof wurde 1832 eingerichtet. Ihn beschaffte, wie die vorigen, die fürstliche Domäne gemäß ihrer Verpflichtung. 
     
1825-1827 wird mit Rücksicht auf Fürst Metternich die Chaussee von Winkel zum Schloss Johannisberg gebaut und auch der, von der Chaussee zwischen Winkel und Geisenheim durch den Grund auf den Johannisberg führende Weg, hergestellt.
     
Im Jahre 1830 ließ Fürst Metternich das alte Pfarrhaus in der Schulgasse, wo der die Pfarrweinberge besorgende Oberknecht wohnte, "auf den Abbruch" verkaufen. Die Fürsten von Metternich Winneburg waren Zeit Ihres Lebens der Patronatsherr. Kirche sowie Pfarrhaus müssen von ihm "in Dach und Fach" unterhalten werden.
Es wurde "ebenda" ein neues Pfarrhaus - das heutige in der Schulstraße 9 - erbaut, in das der Pfarrer nun aus dem Schloss hinüber zog. Metternich kaufte dazu auch den Pfarrgarten - noch heute an der Ecke Schulstraße/Rosengasse - der vorher Schulplatz der Gemeinde war.
Es war üblich, dass Fürst Metternich einen Zuschuss zu dem Gehalt des Pfarrers gewährte. Pfarrer Giesens Gehalt wird 1887 seitens des Staates aus der Regierungskasse angehoben, damit er nicht weiter auf die Personaldotationszulage des Fürsten angewiesen ist. Zum Pfarrgut gehörten im Jahre 1900 0,82 ha Weinberge und 0,38 ha Wiesen. Der Küster oder der Glöckner erhielten außer ihrem normalen Gehalt aus dem Gemeindekirchenfond, 4 Malter Korn von der Schlossverwaltung für das Morgen- und Abendläuten und von jedem katholischen Bürger das so genannte "Glockenbrot". Es waren Naturalien: Eier, Handkäse, Äpfel, wohl auch eine kleine Wurst oder ein Stück Geräuchertes, und etwas Geld.
1885 wurde das Glockenbrot unter Zustimmung der bischöflichen Behörde abgelöst. Die Gemeinde zahlte dem Küster seitdem unter geringer Erhöhung der Kirchensteuer 230 Mark aus dem Gemeindekirchenfond.
 
 
   
     
Am 13. September 1843 wurde das von dem Geisenheimer Architekten Philipp Hoffmann geplante heutige Bürgerhaus, als neues Schulhaus bezogen.
     
Aus Anlass der Revolution im Jahr 1848 beschlossen Frankfurter und Mainzer Turner eine Demonstration auf dem Johannisberger Schloß. Die Alarmierung der Bürgergarde durch einen Rüdesheimer Amtmann und die Abwesenheit des Fürsten der durch der zur Abdankung gezwungen und nach England geflohen war, sorgten dafür das der "Ansturm" unterblieb.
     
Nach seiner Rückkehr bewohnt der ehemalige Österreichische Staatskanzler Fürst Clemens Lothar von Metternich im Sommer und Herbst 1851 das Schloß Johannisberg und empfing dort u. a. den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. und den späteren Reichskanzler Bismarck.
     
Der Bau der Eisenbahnlinie am Rheinufer 1856 verbesserte die Verkehrslage der Ufergemeinden gegenüber Johannisberg.
     
Die erste Postagentur wurde wohl 1875 in Betrieb genommen.
     

Am 16. Juli 1876 wurde dann eine Telegraphenstation eröffnet, während eine solche in Geisenheim erst am 1. Oktober des gleichen Jahres in Betrieb genommen wurde.

Die Johannisberger Einwohnerzahl in diesem Jahr betrug übrigens: 1109.

     
1879 wurde die "Freiwillige Feuerwehr" gegründet.
     
1884 gründete sich die "Turngesellschaft Johannisberg".
     
Im Jahre 1887 wurde hier ein Lokalverein des Nassauischen Gewerbevereins begründet. Er hatte 1891 44 und 1900 106 Mitglieder und leitete die gewerbliche Fortbildungsschule. Eine solche Schule gab es nur noch in fünf Gemeinden des Rheingaues. In Johannisberg wurde sie 1890/91 von 57 und 1900/01 von 83 Schülern besucht.
     
Das ab 1898 errichtet Rheingauer Elektrizitätswerk sorgte dafür das in Johannisberg am 20. Dezember 1899 die ersten elektrischen Lichter erstrahlten.
     
 
     

Weitere Vereinsgründungen:

1909 der Ortsverein im Rheingauer Weinbau-Verband. 

1913 der "Johannisberger Carneval Verein" und 1919 der "Sportverein Johannisberg"

     
1948 begann nach dem Kriege ein neuer Aufstieg. Nur 5 Wochen nach der Währungsreform feierte man u.a. mit einem Festzug das "1000jährige Weindorf" ein Rheingauer Weinfest zu dem der Verkehrsverein eingeladen hatte.
     
Bis August 1956 waren die Bombenschäden des Krieges weitgehend behoben und viele Wohnungsbauten entstanden neu.
     
Am 2. Juni 1961 wurden mehrere Straßen umbenannt. So u.a. die "Schloßstraße" in "Kanzler-Metternich-Straße" , der "Kühtanz" in "Johannes de Laspée Straße" und neu entstand der Name "Hansenbergallee".
     

1963 wurde der Bau der Siedlung auf der "Schlossheide" für etwa 230 Familien in Angriff genommen. Die Anlage wurde von der BEWOBAU vorgenommen, die das Gelände von der Schloßverwaltung zu diesem Zweck erworben hatte.

     
Wegen Personalmangels löste 1964 die Ordensleitung der "Armen Dienstmägde Jesu Christi" in Dernbach (Dernbacher Schwestern) die hiesige Niederlassung im "Barbarastift" auf.
     
1965 knüpfte man Kontakte zu der französischen Gemeinde "Puligny-Montrachet", einem Ort an der Cote dÓr der durch seinen Burgunderweinbau bekannt ist. Am 31. März 1966 wurde die Verschwisterung in Johannisberg feierlich unterzeichnet.
     
1971, noch 1 Jahr vor der Gebietsreform in Hessen schloss sich die - bis dahin selbstständige - Gemeinde Johannisberg freiwillig mit der Stadt Geisenheim zusammen und ist seither ein Stadtteil von Geisenheim.
     
Ende Dezember 2004 löste die Ordensleitung der "Styler Missionsschwestern" mangels ausreichender Mitgliederzahlen die hiesige Niederlassung im "Kloster Johannisberg" auf.
 
     
     

Johannisberg ist ein Gemeinwesen, das Vorbildfunktion im gesamten Rheingau hat und hatte:

  • 1948   fand hier das erste Rheingauer Weinfest unter freiem Himmel statt
  • 1950   wurde hier der erste Vereinsring im Rheingau gegründet
  • 1965   gab es hier die erste festliche Weinprobe im Rheingau
  • 1966   eröffnete in Johannisberg der erste Weinprobierstand im Rheingau
  • 1989   erstmals Pflanzung von Bäumen und Sträuchern in den Weinbergslagen

 

 

 

Quelle u. a. Textpassagen aus: 

"Der Johannisberg - sein Kultur- und Vereinsleben"  und "Johannisberg im Rheingau"